Teuerungsumfrage: Die Resultate

Wir haben gefragt und über 400 sind unserem Aufruf gefolgt. Unter anderem suchten wir nach Antworten auf folgende Fragen:

  • Ist ein Teuerungsausgleich in den Organisationen ein Thema?

  • Gibt es Unterschiede innerhalb einzelner Segmente?

  • Unterscheiden sich die Antworten von Arbeitgebervertretenden und Arbeitnehmenden?

Darum geht es

Der Teuerungsausgleich ist ein Mechanismus, der darauf abzielt, den Verbraucher:innen und Arbeitnehmenden in einer Inflationssituation die Kaufkraft zu erhalten. Im Jahr 2022 war die Inflation in vielen Ländern inklusive der Schweiz, aufgrund verschiedener Faktoren wie gestiegener Energie- und Rohstoffpreise, der globalen Knappheit von Halbleitern und Lieferkettenproblemen, sehr hoch.

Im Zusammenhang mit dem Teuerungsausgleich ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen Inflation und der Lohngestaltung zu verstehen. Wenn die Preise steigen, können Arbeitnehmende mit ihren bisherigen Löhnen weniger kaufen. Dort, wo Gesamtarbeitsverträge oder andere Vertragswerke bestehen, bei denen Arbeitnehmerverbände regelmässig aufgrund der Lebenskostenentwicklung Lohnanpassungen mit den arbeitgebenden Unternehmen aushandeln, ist ein Teuerungsausgleich oftmals Teil der Verhandlungsergebnisse. Der Teuerungsausgleich sorgt dafür, dass die Kaufkraft der Arbeitnehmer auf dem Niveau bleibt, auf dem sie vor der Inflation waren.

Die Situation im NPO Sektor

Der Arbeitsmarkt im Non Profitsektor ist in der Schweiz ungeregelt, die Arbeitsverträge werden von jeder Organisation nach eigenen Vorgaben gestaltet und haben “nur” dem Obligationenrecht zu genügen und ein Teuerungsausgleich wird in Jahren ohne wesentliche Preisaufschläge im Warenkorb in der Branche kaum diskutiert. Aufgrund der für schweizerische Verhältnisse hohen Inflation stellt sich nun für das laufende Jahr die Frage nach teuerungsbedingt höheren Lohnzahlungen dringender als auch schon: Viele Organisationen sind mit der Frage konfrontiert, ob sie einen Teuerungsausgleich gewähren sollten. Dafür (und dagegen) gibt es mehrere Gründe und wir wollten von Vertreter:innen der NPO als Arbeitgebende (also HR- und Finanzverantwortliche, Vorstände u.ä.) und den Arbeitnehmenden wissen, wie sie zu konkreten Fragestellungen hinsichtlich Teuerungsausgleich stehen. Bei der Umfrage, die Mitte Januar bis Mitte Februar 2023 durchgeführt wurde, haben insgesamt 421 Personen teilgenommen, wobei 235 (55.8%) arbeitgebende Organisationen und 186 (44.2%) Personen Arbeitnehmende Positionen vertraten. Die Verteilung über verschiedene Organisationszwecke verlief sehr ausgeglichen, und bezüglich Organisationsgrösse zeigt sich das erwartete Bild, dass kleinere Organisationen stärker vertreten waren und damit die Realität der NPO Landschaft in der Schweiz gut abbildet.

Ausgleich ja oder nein: Unterschiede nach Organisationsgrösse

Über alle teilnehmenden Organisationen wird der Teuerungsausgleich bei knapp einem Drittel automatisch gewährt und bei etwas mehr als der Hälfte der Organisationen vom Geschäftsgang abhängig gemacht. Bei rund 16% ist ein Teuerungsausgleich kein Thema.

Organisationsspezifisch sticht heraus, dass bei sehr kleinen Organisationen (gefolgt von den sehr grossen Orgabisationen!) die Gefahr für die Mitarbeitenden, gar keinen Teuerungsausgleich zu erhalten, deutlich erhöht scheint und rund einen Fünftel der 140 in dieser Gruppe vertretenen Organisationen betrifft. Das Bild präsentiert sich ähnlich, wenn als Messgrösse nicht die Anzahl beschäftigter Personen zur Hand genommen wird, sondern das Spendenvolumen. Hier betrifft das Segment der Betroffenen, die gar keinen Ausgleich erwarten können, sogar einen Viertel. Interessant ist die Feststellung, dass Grösse nicht automatisch zu grosszügigeren Lösungen im Sinne der Arbeitnehmenden führt: Am besten schneidet über alle Organisationssegmente die Gruppe mit 5 - 20 Mio Spendenvolumen ab, bei der gerade einmal 5% ohne Teuerungsausgleich auskommen müssen.

Wie hoch der Ausgleich ausfällt, verteilt sich relativ gleichmässig über die angebotenen Antworten, wobei als Massstab die effektive Teuerung bei fast der Hälfte der Organisationen zu Hilfe genommen wird und nur sehr wenige Organisationen einen Ausgleich über der Teuerung gewähren.

Was ist angemessen?

Widmen wir uns nun der Frage, mit welchen Argumenten sich die Umfrageteilnehmer:innen für oder gegen eine Teuerung aussprechen. Rund 80% der Befragten sind der Meinung, dass mit dem Teuerungsausgleich verhindert werden sollte, dass sich die Entlöhnung der Mitarbeitenden (z.B. gegenüber den Löhnen in den profitorientierten Betrieben, bei denen eine Anpassung z.T. durch Gesamtarbeitsverträge geregelt ist) nicht automatisch verschlechtert. Fast ein Drittel ist sogar der Meinung, dass ein Teuerungsausgleich aufgrund der verhältnismässig tiefen Löhne das Mindeste ist, was der Arbeitgeber zur Erhaltung der Kaufkraft unternehmen sollte. Gerade mal etwas über 1% ist der Ansicht, dass es der Branche so gut gehe, dass ein Teuerungsausglich nicht erforderlich ist.

Interessiert hat uns bei dieser Fragestellung auch, inwiefern sich die Positionen von Arbeitgebervertreter:innen und Arbeitnehmenden unterscheidet. Bei der Frage, die sich direkt auf das subjektiv wahrgenommene Lohnniveau bezieht, lässt sich ein signifikaner Unterschied feststellen: Während über ein Drittel der Arbeitnehmenden einen Teuerungsausgleich aufgrund ohnehin tiefer Löhne für dringend angezeigt hält, teilt diese Haltung nur ein Sechstel, also halb so viele Arbeitgebervertreter:innen. Anzumerken ist jedoch, dass auch nur ein verschwindend kleiner Teil der Arbeitgebenden der Meinung ist, dass ein Teuerungsausgleich aufgrund branchenübergreifend guter Löhne unnötig sei. Die Tendenz der Arbeitgebervertreter:innen ist, sich insgesamt mehr an den lohnpolitischen Kriterien (Kaufkrafterhalt) zu orientieren als an Aussagen über einen möglichen Einfluss auf die Programmarbeit des Arbeitgebers, z.B. ob Einbussen hinsichtlich einzusetzender Gelder für die direkte Zweckbestimmung in Kauf zu nehmen sind. Demgegenüber äusserten sich die Arbeitnehmenden differenzierter (und in der Regel trotz monierter tiefer Löhne) zu Gunsten zu erhaltender Mittel für den direkten Bestimmungszweck und weniger im Sinne eines direkten Interesses an der eigenen Entlöhnung.

Gefragt: Transparenz & Lösungsorientiertheit

Unsere Umfrage löste viele individuelle Kommentare aus, die im Wesentlichen auf zwei Aspekte zielen und grosse Bereitschaft zeigen, Fragen hinsichtlich der Lohngestaltung und -gerechtheit differenziert zu betrachten.

  1. NPO Mitarbeitende setzen sich über die erbrachte Arbeitsleistung emotional mit ihrer Rolle für die Begünstigten auseinander und erwarten im Gegenzug eine transparente Kommunikation seitens der Organisation, für die sie tätig sind. Die Umfrage hat das Thema für viele Teilnehmende erst auf das Tapet gebracht und Fragen ausgelöst, deren nachvollziehbare Beantwortung viel Goodwill schaffen kann.

  2. Die Kommentare differenzieren zwischen wünschenswertem Erhalt der Kaufkraft und der Korrelation von Zeiten erhöhter Teuerung mit damit einhergehender Mittelknappheit durch spärlicher eingehende Spenden und/oder reduzierten Leitungsaufträgen, die ihrerseits den Spielraum für Lohnerhöhungen einschränken. Gleichzeitig wird auf ein mögliches Sparen am falschen Ort aufmerksam gemacht, wenn durch nicht gewährte Lohnerhöhungen die Attraktivität als Arbeitgeber sinkt und mittelfristig kompetentes Personal nicht mehr rekrutiert oder gehalten werden kann.

Dank

Diese Umfrage bildet aufgrund der erfreulich hohen Zahl an Teilnahmen und den differenzierten Rückmeldungen die Situation gut ab. Da die teilnehmenden Organisationen relativ gleichmässig verteilt aus allen Bereichen des NPO Marktes stammen, darf auch von branchenweit zutreffenden Aussagen ausgegangen werden.

Wir danken allen Teilnehmenden für ihre Zeit und ihr Interesse und freuen uns auf bereits jetzt auf die nächste Umfrage zum Thema Fachkräftemangel, die im Mai 2023 publiziert werden wird.

Jérôme Strijbis, Geschäftsführer

Jérôme Strijbis rekrutiert seit bald 20 Jahren erfolgreich Fach- und Führungskräfte für NPOs. Als CEO, Geschäftsleitungsmitglied, Marketing- und Fundraisingleiter und Berater kennt er die Anliegen von gemeinnützigen Organisationen aus dem Effeff und verfügt über eines der breitesten Netzwerke in der Schweizer Geschäftsleitungs-, Fundraising-, Marketing- und NPO-Welt.

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